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Arbeitszeiterfassung: Das müssen Sie wissen

Ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hat für große Diskussionen gesorgt: Die Arbeitszeit muss erfasst werden. Was bedeutet das?

Ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hat in der vergangenen Woche für große Diskussionen gesorgt: Die Arbeitszeit muss erfasst werden. Endet damit die spätestens seit Pandemiebeginn geschätzte „Vertrauensarbeitszeit“? Müssen wir wieder Stechuhren einführen?

Die Antworten auf die dringlichsten Fragen zum neuen Beschluss finden Sie in diesem Artikel.

Das „Stechuhr-Urteil“ und seine Folgen

Viele Arbeitnehmer haben sich wahrscheinlich auch die Frage gestellt: War die Erfassung der Arbeitszeit nicht längst Pflicht? Tatsächlich war sie das nicht. Solange Arbeitnehmer ihre Ruhezeiten von elf Stunden sowie die gesetzliche Höchstarbeits- und Pausenzeiten einhalten, können sie weitestgehend so viel arbeiten, wie sie wollen (oder müssen). Arbeitgeber sind zwar verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren – doch ließ das Gesetz bislang viele Fragen zur Arbeitszeit offen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kam nun auf unerwartetem Wege zustande, jedoch kaum überraschend: Schon 2019 hatte der Europäische Gerichtshof im sogenannten „Stechuhr-Urteil“ entschieden, dass die Mitgliedsstaaten Regelungen zur Erfassung der Arbeitszeit umsetzen müssen.

Darf der Betriebsrat eine Arbeitszeiterfassung einführen?

Was ist nun passiert? Ein Arbeitgeber hatte beschlossen, in seinem Betrieb eine elektronische Erfassung der Arbeitszeit einzuführen. Dabei war fraglich, ob er seinen Betriebsrat miteinbeziehen muss. Die beiden Parteien wurden sich nicht einig – der Arbeitgeber zog das Projekt zurück und wollte nun doch keine elektronische Arbeitszeiterfassung einführen. Der Betriebsrat wandte sich daraufhin an die Einigungsstelle – vorrangig mit der Frage, ob die Arbeitszeiterfassung auch auf seine Initiative erfolgen kann und dies in seinen Kompetenzbereich fällt.

Der Streit wanderte durch die Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht. Dies entschied nun: Ein Initiativrecht des Betriebsrats bestehe in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung zwar nicht. Aber: Wie in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) geregelt, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen“ – und dazu gehört nach Ansicht des BAG auch die Messung und Erfassung der Arbeitszeit.

Damit müssen nun alle Betriebe in Deutschland, unabhängig von ihrer Größe oder der Frage, ob ein Betriebsrat besteht, die Arbeitszeit erfassen. „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts – ohne Umsetzungspflicht, ab sofort.

Welches Ziel hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts?

Doch halt – ist diese Entscheidung nun „Gesetz“? Streng genommen nicht. Der Gesetzgeber (der ja seit drei Jahren mit der Umsetzung des „Stechuhr-Urteil“ beauftragt war) wird die Entscheidung des BAG voraussichtlich so schnell wie möglich in ein neues Gesetz umwandeln. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sagte dazu gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, sein Ministerium werde „vernünftige Lösungen finden, die in der betrieblichen Wirklichkeit handhabbar sind.“ Die Gesetzesvorschläge seines Ministeriums werden „Flexibilität ermöglichen und praxisnah“ sein, so der Minister.

Prinzipiell ist ein System zur Erfassung der Arbeitszeit eine Möglichkeit, den Grundsatz „Arbeit gegen Lohn“ umzusetzen und zu dokumentieren. Ob die sogenannte Vertrauensarbeitszeit damit Geschichte ist, bleibt damit abzuwarten – und ebenso, ob und wie viel Mehraufwand die Arbeitszeiterfassung für HR-Abteilungen und andere Beteiligte bedeuten wird. Für Stechuhren und Lochkarten stehen Arbeitnehmern aber bereits heute viele unkomplizierte, digitale Alternativen zur Verfügung.

Wie geht man nun konkret mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts um? Was muss man bei der Verwendung von Arbeitszeiterfassungssystemen aus arbeits- und datenschutzrechtlicher Perspektive generell beachten? Diese Fragen beantworten Ihnen gerne unsere Experten.

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Arbeitszeiterfassung: Das müssen Sie wissen
Unternehmen

Arbeitszeiterfassung: Das müssen Sie wissen

September 19, 2022
Uhr

Ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hat für große Diskussionen gesorgt: Die Arbeitszeit muss erfasst werden. Was bedeutet das?

Das Wichtigste in Kürze

Ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hat in der vergangenen Woche für große Diskussionen gesorgt: Die Arbeitszeit muss erfasst werden. Endet damit die spätestens seit Pandemiebeginn geschätzte „Vertrauensarbeitszeit“? Müssen wir wieder Stechuhren einführen?

Die Antworten auf die dringlichsten Fragen zum neuen Beschluss finden Sie in diesem Artikel.

Das „Stechuhr-Urteil“ und seine Folgen

Viele Arbeitnehmer haben sich wahrscheinlich auch die Frage gestellt: War die Erfassung der Arbeitszeit nicht längst Pflicht? Tatsächlich war sie das nicht. Solange Arbeitnehmer ihre Ruhezeiten von elf Stunden sowie die gesetzliche Höchstarbeits- und Pausenzeiten einhalten, können sie weitestgehend so viel arbeiten, wie sie wollen (oder müssen). Arbeitgeber sind zwar verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren – doch ließ das Gesetz bislang viele Fragen zur Arbeitszeit offen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kam nun auf unerwartetem Wege zustande, jedoch kaum überraschend: Schon 2019 hatte der Europäische Gerichtshof im sogenannten „Stechuhr-Urteil“ entschieden, dass die Mitgliedsstaaten Regelungen zur Erfassung der Arbeitszeit umsetzen müssen.

Darf der Betriebsrat eine Arbeitszeiterfassung einführen?

Was ist nun passiert? Ein Arbeitgeber hatte beschlossen, in seinem Betrieb eine elektronische Erfassung der Arbeitszeit einzuführen. Dabei war fraglich, ob er seinen Betriebsrat miteinbeziehen muss. Die beiden Parteien wurden sich nicht einig – der Arbeitgeber zog das Projekt zurück und wollte nun doch keine elektronische Arbeitszeiterfassung einführen. Der Betriebsrat wandte sich daraufhin an die Einigungsstelle – vorrangig mit der Frage, ob die Arbeitszeiterfassung auch auf seine Initiative erfolgen kann und dies in seinen Kompetenzbereich fällt.

Der Streit wanderte durch die Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht. Dies entschied nun: Ein Initiativrecht des Betriebsrats bestehe in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung zwar nicht. Aber: Wie in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) geregelt, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen“ – und dazu gehört nach Ansicht des BAG auch die Messung und Erfassung der Arbeitszeit.

Damit müssen nun alle Betriebe in Deutschland, unabhängig von ihrer Größe oder der Frage, ob ein Betriebsrat besteht, die Arbeitszeit erfassen. „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts – ohne Umsetzungspflicht, ab sofort.

Welches Ziel hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts?

Doch halt – ist diese Entscheidung nun „Gesetz“? Streng genommen nicht. Der Gesetzgeber (der ja seit drei Jahren mit der Umsetzung des „Stechuhr-Urteil“ beauftragt war) wird die Entscheidung des BAG voraussichtlich so schnell wie möglich in ein neues Gesetz umwandeln. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sagte dazu gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, sein Ministerium werde „vernünftige Lösungen finden, die in der betrieblichen Wirklichkeit handhabbar sind.“ Die Gesetzesvorschläge seines Ministeriums werden „Flexibilität ermöglichen und praxisnah“ sein, so der Minister.

Prinzipiell ist ein System zur Erfassung der Arbeitszeit eine Möglichkeit, den Grundsatz „Arbeit gegen Lohn“ umzusetzen und zu dokumentieren. Ob die sogenannte Vertrauensarbeitszeit damit Geschichte ist, bleibt damit abzuwarten – und ebenso, ob und wie viel Mehraufwand die Arbeitszeiterfassung für HR-Abteilungen und andere Beteiligte bedeuten wird. Für Stechuhren und Lochkarten stehen Arbeitnehmern aber bereits heute viele unkomplizierte, digitale Alternativen zur Verfügung.

Wie geht man nun konkret mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts um? Was muss man bei der Verwendung von Arbeitszeiterfassungssystemen aus arbeits- und datenschutzrechtlicher Perspektive generell beachten? Diese Fragen beantworten Ihnen gerne unsere Experten.

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